Lohas & Co. Wenn ganze Branchen in die Falle der Marktforschung tappen
24 Jan 2017

Lohas & Co. Wenn ganze Branchen in die Falle der Marktforschung tappen

24 Jan 2017

Wintertourismus in Österreich
Es gibt kaum eine Branche, in der sich mehr Berater tummeln als im Tourismus. Bei genauerer Nachfrage entpuppen sich viele von Ihnen als Skilehrer, Steuerberater oder Anhänger von mit Energie aufgeladenem Wasser und anderen obskuren Dingen. Aber manche von Ihnen schaffen Erstaunliches. Zum Beispiel, dass auf Ihren Rat hin Millionen Euros zum Fenster hinausgeworfen werden in dem laufend neue Logos entwickelt werden und gemeinsam mit Bildern von lachenden Kindern im Schnee garantiert verwechselbare Kommunikation in alle Welt ausgesandt wird. Das ist aber alles nicht weiter tragisch. Schließlich reicht das Geld ohnehin nicht für den nötigen Werbedruck. Der gut gemeinte Rat daher, die Kräfte zu bündeln, scheitern am Kirchturmdenken der Verantwortlichen.

Das Märchen von den Lohas
Seit einigen Jahren kommen neue Marktforschungsmethoden in Mode. Neben demographischen Merkmalen werden klugerweise auch psycho- und soziographische Merkmale berücksichtigt. Eine Konsequenz daraus sind sogenannte Sinusmilieus oder auch die Einteilung von Konsumenten in Gruppen, die denselben Lifestyle pflegen. Eine dieser Gruppen sind die so genannten Lohas. Und sie ist laut Beratern unheimlich groß und kaufkräftig. Alleine in Deutschland je nach Quelle um die 10 Millionen Konsumenten. Als gelernter Waldorfmensch kenne ich die Ökopioniere der ersten Stunde. Hagere und blasse Gestalten, die im Winter nur regionales Gemüse essen. Also Stechrüben. Die Lohas haben mit diesen Konsumenten nur mehr wenig gemein. Sie sind cool, essen nachhaltige angebaute Ware aus aller Welt, die Co2 schonend per Flugzeug nach Westeuropa gebracht wird. Sie tragen Pullover aus Fairtrade Cashmere, die findige Geschäftsleute den Bauern direkt abkaufen um sich eine höhere Spanne zu sichern und sie stellen angeblich andere Ansprüche an Ihre Urlaube. Schneeschuhwandern, regionale Speisen und sanfter Tourismus. Sprich keine Action, keine Skischaukeln und keine heissen Mädels an der Schneebar. Viele Regionen haben den teuren Fehler begangen, sich auf diese Zielgruppe zu fokussieren. Mit begrenzten Marketing Mitteln natürlich, ohne Werbedruck, sprich erfolglos. Außerdem scheint es, als ob diese Zielgruppe gar nicht auf Urlaub fährt. Beziehungsweise nur einige Tausend, die sich in die Hotels einiger findiger Pioniere aufteilen, die sich seit Jahren auf diesen Markt spezialisieren. Authentisch und erfolgreich. Ganz im Gegenteil zu jenen strukturell benachteiligten Regionen, denen die Berater eine solche Fokussierung als Nische verkauft haben. Stichwort: Aus einer Schwäche Stärken machen. Wir haben nur wenige Lifte, alles ist langsam, die Infrastruktur veraltet und entsprechend uncoole Leute am Berg. Also lasst uns diesen Asset vermarkten!

Aber, alle aktuelle Untersuchungen zeigen, die Menschen wollen Skifahren. Und sie haben eine gemeinsame Sehnsucht nach dem pulsierenden Leben. Dieser Wunsch zieht sich wie ein roter Faden durch alle Zielgruppen. Ob alt oder jung, arm oder reich. Lohas findet man nach wie vor selten in den Österreichischen Wintersportdestinationen. Im Sommer ist es ähnlich, aber das ist eine andere Geschichte.

Marktforschung und Prestige
Woran liegt das? Angeblich hat Steve Jobs in seiner Karriere keine einzige Focus Group beauftragt. Er vertraute auf sein Gespür, die richtigen Produkte und damit verbundenen Bedürfnisse selbst zu entwickeln. Die Antwort liegt vermutlich in der Marktforschung an sich. Viele Jahre hat die FPÖ in Umfragen schlechter abgeschnitten als am Wahltag. Hier zeigt sich dasselbe Phänomen. Menschen neigen dazu aus Gründen des persönlichen Prestige bei Befragungen tendenziell Antworten zu geben, die sie in einem besseren Licht erscheinen lassen. So ist es leichter zu behaupten im Urlaub Ruhe und Stechrüben zu suchen, als seine Kaufentscheidungen tatsächlich danach auszurichten. Ein Dilemma, das dem Österreichischen Tourismus noch teuer zu stehen kommen wird.

Die Lösung. Der Role Customer
Was bei der Lösung dieses Dilemmas hilft, ist das Hineindenken in die Zielgruppen. Und zwar indem man beispielhafte Zielkunden beschreibt. Aus der eigenen Erfahrung, den Gesprächen mit den Kunden und der eigenen Vorstellungskraft. Das B2B Brand Lab entwickelt in Work-Shops solche Charaktäre. Das Alter, den Beruf, das Einkommen, die Erwartungen an das Leben, die Entscheidungsprozesse, das Kaufverhalten, die Herkunft, kulturelle Eigenheiten und vieles mehr sind entscheidend, wenn wir darauf aufbauend Marketing Strategien entwickeln die wirklich erfolgreich und nachhaltig sind.

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